Geburtshilfe im Kreis der Frauen
Geburtshilfe im Kreis der Frauen
Geburtshilfe wurde seit Jahrtausenden von Frauen ausgeübt. Es waren immer Frauen aus dem engeren Kreis der Gebärenden, die behilflich waren. Die Geburt eines Kindes war ein öffentliches Ereignis. In der Regel waren es die verheirateten Frauen des Dorfes. Diese Hilfe war ein Akt der Solidarität unter Betroffenen.
Der Mann war höchstens anwesend, wenn es kritisch war und evtl. Mutter oder Kind starben. Selten traten Ärzte in Erscheinung, denn auch sie kamen nur dazu, wenn es Komplikationen gab.
Beim ´Kindsbettfest` erfolgte auch die rituelle Aufnahme der jungen verheirateten, noch kinderlosen Frauen. Erst nach der Teilnahme war die junge Frau berechtigt, bei Geburten als Helferin anwesend zu sein.
Aus diesen Praktiken der Geburtshilfe im Kreis der Frauen entwickelten sich die Hebammen. Die erfahrenen Frauen, die großes Vertrauen erlangten, wurden als ´weise Frauen`, als Hebammen, bezeichnet. Hebammen wurden oft Frauen, deren Mütter schon als solche tätig waren. Sie begleitete und assistierte der Mutter über viele Jahre und gelang so in den ´Beruf` der Hebamme, der noch kein Beruf im klassischen Sinne war. Junge Frauen waren selten Hebamme. Normalerweise waren sie verheiratet oder verwitwet, kinderreich und meist älter als 50 Jahr (vgl. Baeaufays 1997, 28 f). Die Hebammen hatten Wissen, dass von Generation zu Generation weitgegeben wurde. Die Handgriffe wurden beobachtet und so wie gesehen angewendet. Aufgeschrieben wurden die Praktiken nicht, auch theoretisches Wissen wurde nur mündlich weitervermittelt. Das Wissen bestand aus praktischen Handhabungen und medizinische Heilwissen z.B. Kräuterheilkunde oder auch Verhütungswissen. Vermutlich ist eine Fülle an Wissen mit dem Sterben der Hebammen verschwunden.
Es wurde versucht, das antike Wissen im ersten Hebammenbuch zusammenzufassen. 1513 schrieb Eucharius Rösslin, Apotheker und Arzt, der selbst nicht in der praktischen Geburtshilfe tätig war, den ´Rosengarten`. Seine Lehre entnahm er den Schriften von Hippokrates und Soranus. Der Rosengarten erschien in einer Zeit, in der noch keinen organisierten Hebammenunterricht gab, und füllte damit eine große Bedarfslücke (vgl. B.Spitzer 1999, 32).