Doulas, Hebammen und Gynäkologen*innen

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Es stellt sich die Frage, wie die Zusammenarbeit funktioniert. Wo konkurrieren sie und wo ergeben sich Kooperationen? Die Hilfe, die Frauen durch die Hebamme oder Gynäkologen*innen erfahren, ist in der Regel ein Pflichtaufgabe. Die Frauen haben während der Schwangerschaft, während der Geburt und postpartum einen gesetzlichen Anspruch auf Hebammenhilfe (§24d SGB V). Zu jeder Geburt ist eine Hebamme anwesend und in einer Klinik ist ´zur Geburt` ein Gynäkologe*in hinzuzuziehen. Eine Doula ist von der Schwangeren ausgewählt worden und eine freiwillige und zusätzliche Begleitung ohne gesetzlichen Anspruch.

Unterschiede der Berufsgruppen im Geburtshilfeteam

Die Tätigkeit der Hebamme ist in der Regel bekannt. Es ist jedoch in diesem Zusammenhang noch einmal wichtig, eine klare Beschreibung zusammenzufassen. „Eine Hebamme ist eine Person, die in dem jeweiligen Land … den vorgeschriebenen Ausbildungsgang zur Hebamme erfolgreich abgeschlossen hat … Die Hebamme muss in der Lage sein, Frauen während der Schwangerschaft, Geburt und dem Wochenbett zu überwachen, zu betreuen und zu beraten, in eigener Verantwortung Geburten durchzuführen sowie Neugeborene und Säuglinge zu betreuen. Dies alles beinhaltet Vorsorgemaßnahmen, das Erkennen von Regelwidrigkeiten bei Mutter und Kind, bei Bedarf Hinzuziehung medizinischer Unterstützung sowie die Durchführung von Notfallmaßnahmen, wenn medizinische Hilfe fehlt. Die Hebamme hat eine wichtige Aufgabe bei der Gesundheitsberatung und -erziehung nicht nur der Frauen, sondern auch in der Familie und in der Gemeinde. Die Arbeit beinhaltet neben der Vorbereitung auf Geburt und Elternschaft außerdem bestimmte Gebiete der Gynäkologie, der Familienplanung und der Säuglingspflege.

Die Hebamme kann in Krankenhäusern, in Geburtshäusern, bei Beratungsstellen oder bei der Frau zu Hause praktizieren“ (Ch. Mändle 2003, 1). Hier wird deutlich, dass das Aufgabengebiet der Hebamme groß und vielseitig ist. Der Schwerpunkt liegt auf der medizinischen Hilfe und das Treffen von Entscheidungen, für die sie die Verantwortung übernehmen muss. Die Hebamme ist der Frau auch emotional sehr nahe, sofern es der Arbeitsalltag und die Praxis zulässt. Zeit für körperliche Nähe, wie Massagen und Streicheleinheiten sind leider nur selten. Sie muss Risiken im Auge behalten und mit der Technologie vertraut sein. Im Absatz des Hebammengesetz §4 (Hinzuziehungspflicht) steht, dass die Überwachung des Geburtsvorgangs von Beginn der Wehen an, die Hilfe bei der Geburt und die Überwachung des Wochenbettverlaufs der Hebamme vorbehaltene Tätigkeiten sind (ebd.). Damit ist klar formuliert, welchen Stellenwert die Hebamme in der Geburtshilfe hat. Keine Geburt ohne Hebamme. Hebammen sind berechtig und in der Lage weite Teile des Geburtsprozesses eigenständig und eigenverantwortlich einzuleiten, ablaufen zu lassen und zu beenden.

Sobald ein Gynäkologe*in dazu kommt, übernimmt er/sie automatisch die Geburtsleitung und ist von da an weisungsbefugt gegenüber der Hebamme und kann sie u.U. als seine Gehilfin arbeiten lassen (DGGG-Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe 2004,8). Dieses Machtverhältnis kann sich auf die Doula übertragen. Jedoch gehört sie nicht zum medizinischen Team und ist nicht Angestellte der Klinik, sondern Gast der Gebärenden, aber gleichzeitig muss die Doula sich dem Geburtshilfeteam einordnen.

Die Doula ist kontinuierlich da, oft schon von Beginn der Wehen und geht gemeinsam mit der Schwangeren ins Krankenhaus. Eine besondere Aufgabe ist die Kommunikation mit dem Fachpersonal. Das Berühren und Versorgen während der Geburt und der Frau ganz nah zu sein, sie ohne Worte zu verstehen ist nun mal die hervorzuhebende Aufgabe der Doula. Kontinuierliche Anwesenheit, nicht einzugreifen und keine (medizinischen) Entscheidungen zu fällen ist das Hauptmerkmal der Unterscheidung zu allen anderen im Geburtshilfeteam. Die Doula ist kein Ersatz für eine Hebamme, sie ist eine Ergänzung mit eigenen Schwerpunkten in ihrer Dienstleistung für Mütter und ihre Partner. Die emotionale Zuwendung für die Gebärenden wird keiner Hebamme abgesprochen, nur weil die Doula da ist. Die starke Bindung, die Frauen oft zur Doula haben liegt u.a. daran, dass sie sich schon in der Schwangerschaft kennengelernt und vertraut gemacht haben. Doulas sind angehalten, keine Ratschläge zu geben, da es immer um eine selbstbestimmte Geburt mit Zurückhaltung gehen sollte.

Hebammen sind Doulas gegenüber nicht weisungsbefugt und keine Ergänzung für ihre Aufgaben. Das irritiert einige Hebammen. Auch die Doulas sind gelegentlich nicht klar in ihren Aufgaben und überschreiten ihre Kompetenzen. Zum Glück gelingt diese gute Teamarbeit meistens sehr gut. Hebammen und Doulas tauschen sich aus und haben ein gegenseitiges Verständnis und Vertrauen entwickelt.

Ina_May_Gaskin ist Hebamme, Frauenrechtlerin und ausgezeichnet mit dem ´Alternativen Nobelpreis`, sie formuliert es so: „Doulas sind sehr wichtig in allen Ländern, in denen Hebammen an den Rand gedrängt werden… Es ist wichtig, dass Hebammen verstehen, wie wichtig es ist, dass es Doulas gibt. Doulas sind keine Konkurrenz. Hebammen müssen erkennen, dass sie innerhalb des Systems wenig Macht haben, solange sie nicht imstande sind, als Fürsprecher für die Gebärende zu handeln. Daher ist die Doula eine Notwendigkeit, um die Frauen vor unnötigen medizinischen Interventionen zu schützen… Deswegen täten Hebammen gut daran, sich für das Recht der Frauen auf eine Doula einzusetzen …“ (Gaskin 2013, 252).

Michel_Odent ist der Meinung, dass den Doulas verstärkt Beachtung geschenkt werden muss. „Wenn die Doula eine Mutterfigur darstellt, auf die sich eine junge Frau während der Geburt verlassen kann, wird dieses Konzept der Geburtsbegleitung eine Menge zur Wiederentdeckung der echten Hebammenkunst beitragen. Wenn aber die Doula nur eine weitere Person ist, die neben der Hebamme, dem Arzt und dem Vater bei der Geburt anwesend ist, dann wirkt sich ihre Gegenwart kontraproduktiv aus“ (Odent 2016, 151). Was er meint, ist die Persönlichkeit und Ausstrahlung der Geburtsbegleiter*in, die von größerer Bedeutung ist als ihre Ausbildung. Ihm geht es um die authentische und humane Hebammenkunst und die glaubwürdige, echte Doula.